Kosmetika können nicht nur den Messwert der Infrarottemperatur der Haut verändern, der Fehler kann auch groß sein.
Das neue Coronavirus wütet derzeit weltweit, und berührungslose Infrarot-Thermometer sind an vielen öffentlichen Orten weit verbreitet. Wer das Haus verlässt, wird unweigerlich mehrmals täglich gemessen. Obwohl sich die moderne Infrarot-Temperaturmesstechnologie rasant weiterentwickelt, weisen berührungslose Infrarot-Thermometer mit großer Reichweite noch viele Mängel auf. Eine kürzlich durchgeführte koreanische Studie deutet darauf hin, dass weit verbreitete Kosmetika (einschließlich einiger Hautpflegeprodukte, siehe unten) unerwartete Störfaktoren darstellen, die die Infrarot-Temperaturmessung der Haut leicht verändern können. Der Fehler kann erheblich sein und manchmal ausreichen, um die abnormale Körpertemperatur eines Fieberpatienten zu verschleiern.
Ein Gerät zur Messung der Temperatur von Passagieren an einem Flughafen in Südkorea
Die Forschung wurde von einem Team unter der Leitung von Steve Granick, einem Materialwissenschaftler am Korea Institute of Basic Sciences (IBS), durchgeführt. Die Ergebnisse wurden kürzlich auf der Preprint-Website MedRxiv veröffentlicht. Laut Dr. Dong Ruoyu, einem der Autoren des Artikels, der persönlich an dem Experiment teilnahm, wählten sie zunächst zehn gängige Kosmetika wie Aufhellungscreme, Gesichtscreme, Hochglanzpuder, Sonnenschutzlotion, Sonnencreme, Grundierung, Lotion, Toner, Gelcreme, Maske/Hautpflegeprodukte aus, trugen diese dann jedes Mal in gleicher Menge auf das Gesicht auf (nicht vollständig) und verwendeten anschließend eine fortschrittliche Infrarotkamera in Forschungsqualität, um die Temperaturänderung der mit Kosmetika bedeckten Haut zu messen.
Zehn Arten von Kosmetika, die im Experiment verwendet wurden
Die in diesem Experiment verwendete Infrarot-Temperaturmesskamera FLIR A8303sc hat eine Genauigkeit von 0,02 °C
Um die Genauigkeit der Messung zu gewährleisten, wird nicht der absolute Wert der Gesichtstemperatur gemessen, sondern die Temperaturänderung des bemalten Bereichs im Vergleich zum unbemalten Bereich. Da Temperaturänderungen durch körperliche Aktivität so weit wie möglich vermieden werden sollten, muss Dr. Dong für eine langanhaltende Kosmetik sogar länger als eine Stunde dort sitzen.
Dr. Dong angewandte Kosmetik und Temperaturmessverfahren
Die Mühe war nicht umsonst, und das Experiment brachte ein unerwartetes Ergebnis: Die zehn getesteten Kosmetika senkten die Gesichtstemperatur in unterschiedlichem Maße. Zwei Arten von Kosmetika haben dabei den deutlichsten Kühleffekt. Die erste Kategorie umfasst Kosmetika wie Cremes, Masken und Lotionen. Sie können die Haut innerhalb von 5 bis 10 Minuten nach dem Auftragen um mehr als 4 °C abkühlen, dieser Kühleffekt verschwindet jedoch bald darauf wieder. Die zweite Kategorie umfasst Kosmetika mit Partikeln, wie beispielsweise Bleichcremes und Glanzpuder. Neben ihrer guten Kühlwirkung kann die Kühldauer sogar 20 Minuten oder mehr betragen. Obwohl der Kühleffekt der übrigen Kosmetika nicht so beeindruckend ist, können diese die Temperatur in der Regel innerhalb weniger Minuten um mehr als 1 °C senken (Details siehe Abbildung unten).
Ergebnisse der Temperaturmessung, links: Fotos der experimentellen Temperaturmessung. Kosmetika wurden auf die rechte Stirnseite des Versuchspersonals aufgetragen. Die Temperaturmessung dieses Bereichs zeigt Grün (niedrigere Temperatur). Rechts: Abkühlungskurven mehrerer Kosmetika mit deutlicher Kühlwirkung, darunter 6: Grundierung; 7: Emulsion; 8: Toner; 9: Gelcreme.
In der Arbeit wird analysiert, dass Kosmetika wie Gesichtsmasken und Gesichtswasser so wirksam sind, weil sie einen hohen Wassergehalt haben. Wenn die Flüssigkeit verdunstet und Wärme absorbiert, sinkt die tatsächliche Temperatur der Hautoberfläche. Wenn bei Cremekosmetik eine ausreichende Menge aufgetragen wird und sich auf der Hautoberfläche ein Wärmeisolationsfilm bildet, ist die von der Infrarotkamera erfasste Temperatur niedriger als die tatsächliche Hauttemperatur. Bei Kosmetika wie Hochglanzpudern mit reflektierenden Feststoffpartikeln erfassen Infrarotkameras die Oberflächentemperatur von Objekten nicht direkt, sondern erfassen die Stärke der von den Objekten ausgesendeten Infrarotsignale. Wenn reflektierende Partikel an der Hautoberfläche adsorbieren, verringert sich die Infrarot-Emissionsstärke, das von der Infrarotkamera erfasste Signal wird schwächer, die gemessene Temperatur wird niedriger und die Abkühlzeit unter diesem Wirkungsmechanismus verlängert sich.
Am Ende des Artikels führten die Autoren einige Mängel und Einschränkungen ihrer Arbeit offen auf. So können beispielsweise die Wahl der Kosmetikmarke (und der Inhaltsstoffe) sowie die Art der Anwendung (und Dosierung) die Versuchsergebnisse beeinflussen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Testbedingungen im Experiment von der tatsächlichen Anwendungsumgebung unterscheiden können. So kann beispielsweise die vom Infrarot-Thermometer gemessene Temperatur in einem gut belüfteten öffentlichen Raum je nach Umgebung unterschiedlich sein wie in einem geschlossenen Labor. Auch der Hautzustand ist individuell unterschiedlich, und der Absorptionsgrad derselben Kosmetika kann zu unterschiedlichen Kühleffekten führen.
Der Autor ist jedoch der Ansicht, dass diese Faktoren die Ergebnisse dieser Studie nicht grundsätzlich widerlegen werden, sodass die Schlussfolgerung, dass Kosmetika die Hauttemperatur vorübergehend senken können, glaubwürdig sein sollte. Darüber hinaus wurde im Artikel auch erwähnt, dass die Messung der Ohrtemperatur relativ zuverlässig ist, da herkömmliche Kosmetika nicht auf die Ohren aufgetragen werden.
Angesichts der aktuellen weltweiten Verwendung berührungsloser Stirntemperaturpistolen zur Messung der Temperatur vorbeigehender Personen oder der Verwendung von Ferninfrarot-Temperaturmessgeräten an öffentlichen Orten zur Untersuchung virusinfizierter Personen verdienen die Ergebnisse dieser Studie die Aufmerksamkeit der Gesundheitsbehörden, Regierungen und der Öffentlichkeit.
Quelle: https://www.kepuchina.cn/wiki/faq/202004/t20200407_1220486.shtml